[8L] Messwertblock für Abgastemperatur beim 1.8T (BAM)?

Moin,

ich habe gelesen, dass der S3 Motor (1.8T) einen Temperaturfühler für die Abgastemperatur im Abgasgehäuse des Laders hat. Zudem soll es noch eine errechnete Abgastemperatur aus einem Sensor in der Lambdasonde geben. In VAG Com gibt es mindestens 2 Messwertblöcke für die Abgastemperatur. Einmal den Block 112 und einmal den Block 217. Die beiden Blöcke werden (laut anderen Foren) vom Tempfühler im Lader (Block 112) und vom errechneten Wert der Lambdasonde (217) gespeist werden. Welche der beiden Blöcke ist jetzt aussagekräftiger über die tatsächliche Abgastemperatur?

Ich will die tatsächliche Abgastemperatur vor und nach dem chippen bei mir auf dem Prüfstand mitloggen und müsste dann den richtigen Messwertblock wissen.

So, nach längerer Rechereche kam ich zum Ergebnis:
Der S3 (AMK, BAM & AUL) hat im Abgasgehäuse des Laders einen Temperaturfühler (Teilenummer 06A 919 529 B). Der Wert des Fühlers, also die Abgastemp. im Abgasgehäuse wird im Messwertblock 112 ausgegeben. Der Block 217 liefert den errechneten Wert der Lambdasonde. Der gemessene Wert ist beim S3 wohl der entscheidende Wert. Bei den kleineren 1.8T (mit K03/s) ist kein Tempfühler im Abgasgehäuse verbaut, dort wird gerne auf den errechneten Wert der Lambdasonde zurückgegriffen - der sich aber etwas vom gemessenen Wert unterscheidet. Gerade bei gechippten Motoren stimmt der errechnete Wert dann i.d.R. überhaupt nicht mehr, da der Logarithmus zum errechnen der Temperatur nicht auf die geänderten Kennfelder eingeht bzw. diese ignoriert.

Die maximale Abgastemperatur beim 1.8T sollte 950°C auf Dauer nicht überschreiben.

MWB 217: Abgasemperatur im Krümmer aus Temperaturmodell
MWB 112: gemessene Temperatur im Krümmer + Anfettung aus Abgastemperaturregelung

Der Abgastemperaturfühler dient zur Stützung der Abgastemperaturregelung. Die Turbine des K03/K04 hält dauerhaft nur 950°C aus. Um diese Temperaturschwelle auch bei längeren Volllastorgien einzuhalten wird dann stärker angefettet (bis Lambda 0.75) - daher auch "Turbo läuft, Turbo säuft".
In den älteren 1.8T Motoren (vor Facelift) war die Regelung nur auf ein Modell der Abgastemperatur gestützt. Da dieses über die Motorlebensdauer abgesichert sein muss, wird hier bereits bei viel niedrigeren (modellierten) Temperaturen angefettet. Bei Vollast werden mit dem Sensor so ca. 1-2 Liter/100km eingespart. Da so ein Sensor natürlich auch kaputt gehen kann gibt es dafür eine Diagnose: Weicht die gemessene Temperatur zu stark von der modellierten ab, so wird auf einen Sensorfehler geschlossen und ab dann nur noch auf dem modellierten Wert gefahren. Gleichzeitig wird die Temperaturschwelle der Abgastemperaturregelung etwas herabgesetzt, um auch dann noch auf der sicheren Seite zu bleiben (d.h. bei "Normalbedatung" Laderschaden vermeiden).
Bei gechippten Motoren ist hier Vorsicht geboten: Durch Veränderung der Daten kann es tatsächlich zu höheren Abgastemperaturen kommen (z.B. Zündwinkel), die dann nicht zu den Modelltemperaturen passen – wenn diese nicht auch bei der Anpassung berücksichtigt wurden. Erkennt die Diagnose dann (fälschlicherweise) auf "defekten Sensor" und schaltet auf die zu niedrige modellierte Temperatur um, kann die Lebensdauer des Laders aufgrund der zu spät einsetzenden Abgastemperaturregelung stark verkürzt werden. Auf die Turbinenschaufeln wirken aussen ca 5.000.000 g Beschleunigung (400m/s^2 @ 3cm Radius). Bei 980°C kommt der Werkstoff in den Bereich seiner "Fliessgrenze" (Vorstufe zum schmelzen), die bei der Beschleunigung zu massiven Schäden an den Schaufeln und am Ladergehäuse führen.

Nix für ungut.

Rainer

Hallo @RainerW!

Die von dir angegebenen MWB beziehen sich doch wahrscheinlich auf die S3-Motoren mit Abgastemperatursensor!?

Aber wie ist das denn bei meinem "kleinen" 1.8T mit 150 PS, MKB: ARZ? Mit VAG-COM kann ich sowohl in MWB 112 als auch in MWB 217 einen Temperaturwert auslesen. Allerdings soll ja mein Motor keinen Abgastemperatursensor im Ladergehäuse (und auch sonst nicht)haben. Das würde dann ja wiederum bedeuten, dass beide Werte berechnet sein müssten. Nur, was macht es für einen Sinn zwei Werte zu berechnen, die auch noch recht unterschiedlich sind: Im MWB 217 habe ich bisher max.-Werte um die 890°C gesehen, während im MWB 112 sogar maximale Werte bis knapp 1100°C angezeigt wurden. Wie entstehen denn diese Werte wirklich?

Wäre klasse, wenn Du dazu auch was schreiben könntest!

Vielen Dank und Gruß
Stef

Hallo @RainerW!

Hab's vielleicht etwas verwirrend formuliert. Deswegen nochmal ganz einfach die Frage:

Woher stammen die Temperaturwerte in den Messwertblöcken 112 und 217 bei einem 150PS-1.8T mit MKB: ARZ?

Gruß
Stef

Hallo @A3-Stef!

die Frage war nicht verwirrend formuliert, ich war nur ne Zeit lang offline…
Der MWB 217 gehört zum Themenkreis Bauteilschutz. Die darin angegebene Temperatur ist die modellierte Krümmertemperatur. MWB 112 gehört zur Abgastemperaturregelung. Hier wird die Gastemperatur gemessen (mit Sensor) bzw. modelliert (ohne Sensor). Die Wandtemperatur leitet sich im Modell im wesentlichen über einen PT1-Filter aus der (modellierten) Gastemperatur ab.

Also: Beim 1.8T ohne Abgastemperaturfühler stammen beide Temperaturwerte in den MWB aus einem Modell.

Gruß
Rainer

Hallo Rainer,

vielen Dank für die ausführliche Erklärung! Wenn aber bei den 1.8T ohne Abgastemperaturfühler beide Temperaturwerte in den MWB aus einem Modell stammen, wie erklärt sich dann die große Differenz (in meinem Fall ca. 200°C)zwischen den beiden errechneten Werten? Wie nah kommt der in MWB 112 "errechnete" Wert an die reale Abgastemperatur heran? Und welcher der beiden Werte ist maßgeblich, um die Belastung und somit auch die Lebensdauer des Laders zu überwachen? Habe übrigens auch ein Chiptuning.

Und noch eine Frage in Bezug auf Dein erstes Posting in diesem Topic:

Wie verhält sich denn das Steuergerät, wenn es keinen Sensor hat, und wie in meinem Fall aber eine große Differenz zwischen beiden Werten auftritt? Wird dann (obwohl ja kein Sensordefekt vorliegen kann) auch nur noch auf dem vom Bauteilschutz-Modell errechneten Wert gefahren?

Sorry für die vielen Fragen, aber dieses Thema beschäftigt mich schon recht lange, nicht zuletzt, um meinen Lader trotz Chiptunings möglichst schonend zu behandeln. Ich möchte zumindest das in meiner Macht stehende tun, damit der Lader möglichst lange lebt. Ich habe aber bisher niemanden mit der entsprechenden Kompetenz getroffen, der mir meine Fragen beantworten konnte und bin froh, jetzt Dich als Entwickler solcher Motorsteuerungen getroffen zu haben.

Vielen Dank schonmal und Gruß
Stef

Hallo @A3-Stef

für die Abgastemperaturregelung (=relevant für Lebensdauer des Laders) ist die Temperatur aus MWB 112 relevant. Darauf bezieht sich die Anfettung zum Bauteilschutz. Im relevanten Bereich von 850-980°C ist die je nach Bauteilstreuung auf etwa 30 Grad genau. Es handelt sich dabei um ein empirisches Modell der Temperatur am Ort der Turbine, bei der motorische Kenngrössen wie Drehzahl, Last, Zündwinkel, Lambda, etc. eingehen. Das Modell beschreibt dann das Temperaturverhalten des Motors mit Seriendaten, d.h. bei der Grundbedatung wurde natürlich nur der Leistungsbereich berücksichtigt, der mit dem Motor auch unter Serienbedingungen erreicht werden kann. Beim getunten Motoren ist im Vergleich dazu v.a. der Last und Zündwinkelbereich (bei höherer Last) erweitert. Hier ergibt das Modell wahrscheinlich falsche Werte - wenn die entsprechenden Kennfelder und Kennlinien nicht auch beim Tuning angepasst wurden.

Für den Motor ohne Abgastemperatursensor entfällt natürlich auch die Diagnose dieses Sensors. Der Temperaturwert in MWB 217 gehört zum Bauteilschutz des Katalysators. Auch der kommt aus einem empirischen Modell. Dass es vor dem Katalysator ein wenig kühler ist als vor der Turbine ist einzusehen. Die Abweichung nimmt aber auch dann zu, wenn der Bereich (Drehzahl, Last, etc) der Serienabstimmung verlassen wird.

Die beiden Temperaturen aus MWB112 und 217 werden auf jeden Fall nicht miteinander Verglichen, da ja beide aus einem Modell stammen, das die Abgastemperaturen bei gegebenem Betriebspunkt per Definition innerhalb gewisser Toleranzen korrekt beschreiben soll.

Gruß
Rainer

Hallo Rainer,

nochmal vielen Dank für die detaillierten Infos! Jetzt sehe ich schon etwas klarer: In beiden Messwertblöcken wird (bei mir) die Abgastemperatur durch ein Modell ermittelt, wobei das Modell in MWB 112 die Temp. ausrechnet, die im Bereich der Laderturbine herrschen "müsste", und in MWB 217 errechnet es die Temp., die vor dem KAT herrschen "müsste". Beide Werte dienen dem Bauteilschutz, der erste für den Lader, der zweite für den KAT. Das ganze geschieht natürlich zunächst auf Basis der Seriendaten.

Mein Auto hat jetzt ein Chiptuning, jetzt gibts es dann wohl zwei Möglichkeiten:

1.) Beim chippen wurden ausser den für die Leistung relevanten Kennfeldern (wie z.B. Ladedruck, Zündwinkel, usw.)auch die entsprechenden Abgastemperaturmodelle an die neuen leistungsrelevanten Werte angepasst. Dann müsste das Modell genau so gut wie im Serienzustand funktionieren.

2.) Beim Chippen wurden die Abgastemperaturmodelle nicht verändert. Somit stimmen auch die ermittelten Abgastemperaturen nicht mehr, nur wie? Sind die in beiden MWB angezeigten Werte dann höher als die realen Temperaturen oder niedriger?

Hier mal ein kurzer Ausschnitt einer Tabelle, in der ich beide MWB zugleich mitgeloggt habe:

Auffällig sind die hohen Werte, die in MWB 112 angezeigt wurden (teilweise bis um die 1000°C). Sollten das reale Werte sein, müsste mein Lader doch schon längst das zeitliche gesegnet haben, oder?

Ich nehme jetzt einfach mal an, diese errechneten Werte sind höher als die realen. Wie reagiert denn jetzt dasSteuergerät? Müsste es nicht aufgrund der scheinbar hohen Temp.-werte stark anfetten, um wieder niedrigere Temperaturen zu erreichen. Laut den Lambda-Werten im Mittelteil der Tabelle geschieht das ja auch. Nur warum sinken dann die Temperaturen nicht?

Und nun die eigentlich wichtigste Frage: wenn beim chippen die Temperaturmodelle nun nicht angepasst worden sein sollten, funktioniert denn dann der Bauteilschutz noch zuverlässig (was ja aber dann bedeuten würde, dass ich die oben gelogten Werte nicht mehr ernst nehmen darf, da sie ben nicht der Realität entsprechen)?

Vielen Dank nochmal für deine Mühe und Gruß
Stef

Hier das Log nochmal als Bild. Ist hoffentlich etwas übersichtlicher!

Gruß
Stef

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Sers,

ich fahr auch den ARZ und bin aufgrund eines erhöhten Verbrauchs auf die Messblöcke gekommen. Bei mir schwankt die ermittelte Temp. im Block 112 zw. 975°C und 1030°C…
Demnach wäre ich auch daran interessiert wie sich die errechneten Werte auf das Steuergerät auswirken…

gruss

Ich hab heute mal einen Log bei meinem (BAM) erstellt.
Die Abgastemperatur in Block 112 liegt bei Volllast bei 920-940. Bei 2 Messwerten stieg sie zwischendurch kurz auf 955°C (Maximalwert).

Hallo A3-Stef,

zu den beiden Möglichkeiten: 1) stimmt; 2) die Kennfelder werden i.a. so bedatet bzw. aufgeweitet, dass sie zum Rand hin höhere Werte annehmen als tatsächlich erreicht werden können (Rand = über die Grenzen des Serienbetriebsbereichs hinaus), um den Bauteilschutz auch bei Streuung der Lader zu gewährleisten. Kommst Du mit Deinem Chip aber über die letzte Stützstelle hinaus (z.B. bei Luftfüllung) so werden dann weiterhin die Kennfelddaten der letzten Stützstelle verwendet, d.h. es wird !nicht! extrapoliert. Die reale Temperatur steigt natürlich weiter an, das Modell kann es wegen falscher Bedatung jedoch nicht darstellen. Wenn Du beim 1.8T Glück hast liegst Du noch innerhalb der Kennfeldgrenzen und hast eine zu hohe modellierte Temperatur. Die äussert sich in einer stärkeren Anfettung (=höherer Verbrauch bei Vollast), da die Abgastemperaturregelung ja dann davon ausgeht eine höhere Turbinentemperatur bekämpfen zu müssen (kühlen mit mehr Kraftstoff(!)). Liegst du schon ausserhalb der letzten Stützstelle kann die reale Temperatur leicht die (fixe) modellierte Temperatur übersteigen und Laderschäden hervorrufen.

Im Modell ist auch empirisch abgebildet wie die Temperatur auf eine zusätzliche Anfettung reagiert. Auch hier bist Du ausserhalb des normalen Bereiches, d.h. die Daten stimmen evtl. nicht mehr ganz mit der Realität überein.

Fazit: Das Temperaturmodell passt immer noch bis zum Betriebsbereich der Serienbedatung. Darüber hinaus nimmt die Genauigkeit ab. Es werden zunächst zu hohe Temperaturen angezeigt, auf die der Motor mit höherem Kraftstoffverbrauch aufgrund von Bauteilschutz des Laders reagiert. Bei mässigem aufbohren der Leistung liegt man damit wenigstens auf der sicheren Seite. Werden die Kennfeldgrenzen der (Serien-)Bedatung des Modells überschritten so ergibt das wahrscheinlich zu niedrige Temperaturwerte und kann zu massiven Schäden führen, da die Turbine nicht ausreichend gekühlt wurde. Da dann auch schon ganz nah an der Klopfgrenze gefahren wird gibt es hier häufig Zündwinkelrückzüge, die bei Vollast nochmals einen starken Anstieg der realen Temperatur zur Folge haben.

Beim Facelift-Modell mit Temperaturfühler hast Du da viel weniger Probleme.

Gruss
Rainer

Hallo Rainer,

jetzt ist alles klar! (Glaube ich :biggrin:)

Vielen dank nochmal für Deine Geduld und die ausführlichen Antworten!

Gruß
Stef

Und deswegen sollte eigentlich auch eine zusätzliche Abgastemperatursonde vor dem Lader gesetzt werden, sobald etwas größere Umbauten gemacht werden. Wenn ein Lader getauscht wird, kann man sowas ja gleich mitmachen und weiß dann 100%ig was Sache ist.

@RainerW
Hat jeder A3 diese Abgastemperaturanzeige über Kanal 112 oder wurde das erst ab dem Facelift eingeführt?

Boris

mein A3 BJ 01/2000 Vorfacelift, hats.

@RedA3

Der MWB112 gehört zur Abgastemperaturregelung, d.h. zum Bauteilschutz für den Turbolader. Den haben alle Turbomotoren im VAG-Konzern - auch der A3 Vor-Facelift. Da gehört neben der gemessenen bzw. modellierten Temperatur auch noch die Anfettung (Delta-Lambda) dazu.

Gruss
Rainer

Danke

Hiho,

ich hab eben mal versucht die Abgastemp bei meinem AGU zu loggen. Allerdings haben die Blöcke 034 und 043 nur N/A angezeigt, 217 war net vorhanden und 112 hat auch nicht funktioniert (was von beidem er da angezeigt hat, weiß ich grade nimmer - müsste ich nochmal ausprobieren).

Woran könnte das liegen?

Hintergrund ist, dass ich das N75 H Ventil einbauen wollte und einen vorher/nachher Vergleich der Abgastemp und der Lamdawerte haben wollte. Jedoch ist diese vorher-Messung gescheitert. Für die Lamdawerte hab ich auch in verschiedenen Kanälen Werte gefunden - welchen Kanal nimmt man denn da am klügsten, um ganz einfach die Lamdaspannung (an der man ja sehen kann, ob zu fett oder zu mager) zu loggen?

Vielen Dank für die Hilfe.

Greetz