Einer der etwa 20 Tuner, die beim Eintreffen der Polizei an der Autobahnabfahrt in Niedereimer sofort Gas gibt… (WR-Bilder: Julian Stratenschulte)
Einer der etwa 20 Tuner, die beim Eintreffen der Polizei an der Autobahnabfahrt in Niedereimer sofort Gas gibt… (WR-Bilder: Julian Stratenschulte)
Arnsberg. Es ist bereits Tradition: In der Nacht auf den 1. April eröffnet die gesamte westfälische Tuning-Szene - also Autoliebhaber, die ihre Wagen „aufmotzen“ - ihre Saison im Arnsberger Stadtgebiet. Die Polizei versucht mit großem Aufgebot Ansammlungen zu verhindern oder aufzulösen. Am Wochenende kam es wieder zum skurrilen Katz-und-Maus-Spiel. Die WR war bei Katzen und Mäusen zwischen Oeventrop und Neheim dabei.
„Uns liegen Informationen vor, dass bis zu 1000 PKW, die der Tuning-Szene angehören, im Stadtgebiet unterwegs sein werden. Da wir so nicht die allgemeine Sicherheit gewährleisten können, erteilen wir Ihnen hiermit ein Platzverbot für das gesamte Stadtgebiet“, hallt es aus einem Polizei-Lautsprecher am Samstagabend um 22.15 Uhr über den neuen kleinen Parkplatz an der Autobahnabfahrt Niedereimer.
Um 21.45 Uhr standen hier noch sechzig getunte Autos. Die Felgen glitzern, die Motorhauben sind perfekt poliert, die Kofferräume mit den großen Bass-Boxen aufgeklappt. „Man muss ja zeigen, was man hat“, findet Sergej aus Erwitte. Der 20-jährige hat in seinen Audi A3 eine 3000-Watt Soundanlage gebaut - daneben leuchten kleine blaue LED-Lämpchen, die das Audi-Logo bilden.
Der Autotuner aus Arnsberg schaltet seine Unterbodenbeleuchtung ein. Die ist verboten, aber „unsere Freunde in Grün“, wie die Tuner die Polizei nennt, sind weit und breit nicht zu sehen. Zumindestens gerade nicht hier.
Aus Soest, Dortmund und Hagen stehen hier die Tuner, als plötzlich ein Einsatzwagen der Polizei vorfährt. Schnell wird die Unterbodenbeleuchtung ausgeschaltet. Junge Leute springen in ihre Wagen und fahren schnell weg. Nach 60 Sekunden verbietet die Polizei allen die Weiterfahrt - 20 Tuner sind da schon über alle Berge. Die restlichen 40 werden „herzlich“ von der Polizei begrüßt. Nach drei Minuten sind fünf Einsatzwagen mit 25 Polizeibeamten vor Ort. Die kontrollieren Führerscheine und Fahrzeugpapiere. „Bei uns ist alles in Ordnung. Die richtig geilen Karren haben wir sofort zuhause gelassen“, erzählt Valdo. Der 20-jährige ist mit Tuner-Kollegen aus Hagen nach Arnsberg gekommen. „In den zwei Vorjahren war ich auch schon hier, ist eigentlich immer ganz lustig, vor allem dieses Spielchen mit der Polizei.“
Valdos Kumpel Zoran steigt in seinen nagelneuen BMW ein. Beim Einsteigen klappen die Seitenspiegel hoch, feinstes Leder im Fahrerraum kommt zum Vorschein. „Geil, ne?“, sucht der 25-jährige Bestätigung.
Ein Polizist kontrolliert währenddessen die Papiere von Tobias. Als dieser merkt, dass er von der Presse fotografiert wird, öffnet er schnell das Verdeck seines BMW-Cabrios. „Ey warte, ohne Verdeck sieht der Wagen viel besser aus.“ Der Polizist findet das gar nicht lustig.
Nach einer halben Stunde ist der Platz geräumt, die Tuner suchen das Weite, also den nächsten Parkplatz, auf denen sie ihre Wagen zeigen können. „No risk, no fun. Ein Platzverweis macht mir doch nichts.“ Wer zu schnell Richtung Arnsberg weiterfährt, wird sofort geblitzt. Die Polizei ist nicht nur mit über hundert Kräften vor Ort, sondern auch mit Videowagen und mobiler Blitzanlage.
Mit rund 400 Wagen und 800 Zuschauern kommt es dann zur größten Ansammlung bei ATU im Ohl in Neheim. Auch hier löst die Polizei schnell alles auf.
„Einsatz verlief ohne nennenswerte Störungen“
Polizeidirektor Georg Petering, Einsatzleiter
Der Parkplatz von BJB ist da schon längst gesperrt, auch bei anderen großen Firmenparkplätzen übt die Polizei das Hausrecht aus. Die Auffahrt zu McDonald´s gleicht schon seit dem frühen Abend einem Grenzübergang. Wer Burger, Cola und Eis will und nach Tuner aussieht, darf sofort seine Papiere vorzeigen. Wer hier ein zweites Mal auffällt, bekommt ernsthafte Probleme.
McDonald´s-Inhaber Kauke macht kein Extra-Geschäft: „Hier ist genauso viel los wie jeden Samstag.“ Nur die Polizisten, die sich am laufenden Band Kaffee holen, sind ungewöhnlich.
Nach und nach fahren die Tuner in kleinen Kolonnen weiter. Immer wieder werden sie angehalten - überall hat die Polizei Kontrollpunkte. Zivilstreifen verfolgen einzelne Autos, kommt es zu Ansammlungen, werden wieder Platzverweise ausgesprochen. Irgendwann mitten in der Nacht ist der Spuk vorbei.
Im Vergleich zu den Vorjahren, ist es dieses Jahr ruhig gewesen. Und dass vor allem, weil die einheimischen Tuning-Szene größtenteils erst gar nicht „auf Achse“ war. „Das macht ja gar keinen Sinn mehr, wenn die Polizei die gesamte Stadt abriegelt, als ob eine komplette Gefängnisbelegschaft auf der Flucht wäre“, sagt ein Auto-Tuner aus Arnsberg. 24 Stunden später sind diese Tuner dann unterwegs. Und am Karfreitag, im Tuner-Jargon „Car-Freitag“ genannt, solle es richtig losgehen. „Mal sehen, ob die Polizei uns dann wieder Gesellschaft leistet.“
Die Bilanz der Polizei
INFO
„Die Tuning-Szene zeigte sich kooperativ.“
400 Fahrzeuge und 800 Zuschauer unterwegs
„Mehrere hundert“ Platzverweise ausgesprochen
138 Verwarnungen mit Verwarnungsgeldern
44 Ordnungswidrigkeiten
2 Fälle, die Fahrverbote nach sich ziehen werden
1 Strafanzeige
1 Blutprobe